verfasst von Helmuth

Anstieg der Mieten 

Europa hat zumindest eines gemeinsam: Die Mietpreise steigen in den städtischen Metropolen und in genau diese zieht es die junge europäische Bevölkerung. Der Anstieg der Mietpreise in den städtischen Zentren ist unterschiedlich: in Millionenstädten größer als in Städten mit weniger als einer Million Einwohner*innen und in den Hauptstädten noch einmal besonders. Er ist auch unterschiedlich in den Regionen, d. h. im Süden, Osten, in der Mitte und dem Norden Europas. Und er trifft die mobilen Personen, die in der Großstadt von ihrer ersten Selbstständigkeit gegenüber der Familie träumen, härter als die Älteren, die schon länger einen Mietvertrag haben.

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Abbildung 1 zeigt den Anstieg der Ausgaben für die Warmmiete, die von der jüngeren Bevölkerung aufgebracht werden, aufgeteilt nach Regionen. In Südeuropa haben sich die Ausgaben zwischen 1999 und 2020 verdoppelt (+200 %), in Osteuropa verfünffacht (in Kaufkrafteinheiten, Daten von Eurostat, hbs_exp_t121). Wobei trotzdem noch erhebliche Unterschiede bestehen: In der Mitte Europas liegen die Kosten per Mieter*in unter 35 Jahren bei knapp 11.000 Euro pro Jahr, im Osten bei knapp 6000.

Träume zerbrechen 

An diesen horrenden Einnahmen der Vermieter und Wohnungsgesellschaften zerbrechen die Träume der jüngeren Menschen. Von einem Aufbruch weg von zu Hause, von Ortswechseln, von neuen Wohnformen oder von einer eigenen Familie. Besonders deutlich wird das im Vergleich des Alters der Kinder beim Auszug von zu Hause. Dieses liegt in den reichen Ländern Europas unter 26 Jahren und sinkt eher (Ausnahme während der Coronapandemie). Das Auszugsalter liegt bei um die 30 Jahre im Süden und im Osten Europas, ändert sich dort nicht oder steigt dort sogar wieder an. Bei den immensen Mietkosten in den Großstädten bildet Migration häufig die einzige Alternative. 
Im Osten und Süden Europas liegt das Alter der Mütter bei der Geburt des ersten Kindes bei 28 Jahren. Das ist unter dem durchschnittlichen Auszugsalter von zu Hause. Frauen ziehen also aus, weil das erste Kind schon da ist. Dagegen haben im Norden und in der Mitte Europas die Mütter bei der ersten Geburt schon Jahre ein selbstständiges Leben geführt. D. h. Frauen im Osten und im Süden haben deutlich weniger die Chance, die Erfahrung eines Lebens ohne Verpflichtungen zu machen. Die Mietpreise in den Metropolen erzwingen den Stress mit den Eltern beim gemeinsamen Wohnen oder sie erzwingen das Verlassen des Heimatlandes. Die Träume des jugendlichen Aufbruchs zerbrechen an der Realität eines nicht erreichbaren eigenständigen Wohnens wegen zu hoher Mietzahlungen.

Warum die Mietpreisbremse und Umwandlung von Wohnungen in Sozialwohnungen eine gute Idee sein könnten:

Vovonia ist eine der größten Wohnungsgesellschaft Europas. Ihre Mieteinnahmen steigen immer schneller. 2013 waren es 728 Mio. Euro im Jahr, 2022 fast 3.2 Mrd. 


 „Deutsche Wohnen“ ist eine andere, stark in Berlin präsente Wohnungsgesellschaft, die Vonovia übernehmen will. Was zahlten Mieter 2020 im Monat für die Aktieninhaber der Deutsche Wohnen? „Die Deutsche Wohnen erhöhte daher die Dividendenausschüttung kräftig: Die Anteilseigner sollen 1,03 Euro je Aktie bekommen - das sind 14,4 Prozent mehr als im Vorjahr. Pro Wohnung und Gewerbeeinheit schüttet der Konzern rund 2340 Euro aus. Das bedeutet, die Mieter zahlen im Durchschnitt jeden Monat mit ihrer Miete 195 Euro allein an die Aktieninhaber - etwa 40 Prozent der Miete fließt direkt in deren Taschen.“ (https://www.berliner-mieterverein.de/magazin/online/mm0521/bei-boersennotierten-wohnungsunternehmen-zahlt-der-mieter-die-dividende-052119.htm)
Deutlich werden diese Profite der Wohnungsgesellschaften an folgender Gegenüberstellung: In Berlin liegt der aktuelle Preis pro m2 Wohnung in einer Sozialwohnung bei 10,- Euro. Für 2023 wird dieser Preis in einer privat vermieteten Wohnung laut Mietspiegel bei über 22,- Euro liegen, also bei mehr als dem Doppelten.

Und was hilft gegen solche Wohnungsriesen? Das zeigt diese Abbildung, die den Kurs der Vonovia nach dem Beschluss zur Mietpreisbremse in Berlin am 25.03.2021 und nach dem positiven Volksentscheid in Berlin zur Enteignung von Wohnkonzernen im September 2021 zeigt:


Was wäre also eine linke Antwort auf diese Probleme nicht nur der jungen NeumieterInnen?

Wegen der steigenden Mieten bräuchten wir in den Metropolen Europas eine Mietpreisbremse, die Wohnen und selbstgewählte Wohnprojekte für junge Erwachsenen ermöglicht.
Und ein angemessen hohes vergleichbares Kindergeld, damit das Bekommen von Kindern nicht ein finanzieller Luxus bzw. durch eine nicht bezahlbare Miethöhe gänzlich unmöglich  wird.
Und wir brauchen natürlich genossenschaftliche Sozialwohnungen mit der Möglichkeit, viele Wohnprojekte zu schaffen, für Kleinfamilie, generationenübergreifend, für Wohngemeinschaften und Kommunen.

Und was fordern die Alternativversager für Deutschland und anderswo für Europa?

Z. B. dass keine übergeordneten Mindeststandards in den EU-Staaten eingeführt werden. Wie hilfreich für alle die, die jetzt schon die Mieten nicht mehr zahlen können.
Z. B. dass das klassische Familienleitbild mit Mutter und Vater in gemeinsamer Verantwortung für Kinder geschützt werden soll. Wie einfühlsam: Sie begrüßen die Überbelegung der Wohnungen im Süden und im Osten und den daraus sicher resultierenden Stress in der Familie! 
Z. B. dass das Kindergeld an nationale Kriterien angepasst werden soll. Sehr schön, wenn die Mietpreissteigerungen in den Metropolen des Südens und des Ostens Europas mindestens 200 % oder 500 % betragen.

Und was fordern sie nicht? Irgendwelche Hilfen für Menschen und Familien, die unter zu hohen Mieten oder fehlendem Geld für Renovierung leiden. Keine Sozialwohnungen und generell keine Wohnprojekte, die Träume und kollektives Leben ermöglichen.

Die AfD – nur eine Partei der Gutsituierten und gesellschaftlich Etablierten.