LiFo 18.05.2014, 11.00 Uhr - Diskussion des Internetvortrags von Stefan Meretz
Ort: Donnerschweerstr. 55
André Gorz und der Wissenskommunismus
Audiostream des Vortrags von Stefan Meretz vom 15./16.02.2013 in Saarbrücken:
https://archive.org/details/andre-gorz-kongress
In seiner letzten Lebensetappe vor seinem Tod im Jahre 2007 setzte sich der französische Gesellschaftstheoretiker André Gorz intensiv mit der Wissensökonomie als Kern des „kognitiven Kapitalismus“ auseinander. Wissen sei einerseits zur wichtigsten Produktivkraft geworden, andererseits stelle die Entfaltung der Wissensgesellschaft zentrale Kategorien des Kapitalismus infrage und eröffne historisch die Möglichkeit eines allgemeingesellschaftlichen Wissenskommunismus.
Wissenskommunismus ist in der bürgerlich-aufgeklärten Welt durchaus kein Schreckwort. Es wurde von Robert K. Merton (1942) eingeführt und auf die Wissenschaft bezogen, die sich nicht Partialinteressen unterordnen dürfe und ihre Funktion nur als allgemeine erfüllen könne. Für Gorz kann aber kapitalistische Produktionsweise den Widerspruch zwischen der Tatsache, dass Wissen die entscheidende Produktivkraft geworden ist, sie diese aber nicht in eigener Logik entwickeln kann, nicht lösen. Denn erstens kann Wissen als Gemeingut nur von freien Menschen in einer Kulturgesellschaft entwickelt werden. Und zweitens kann Wissen daher nicht Privateigentum, sondern muss Gemeingut sein. Dieser Widerspruch zwischen dem Interesse an dem Privateigentum an Wissen und seiner kollektiven Entwicklung und Vermittlung wird angesichts des Internets offen sichtbar und zum Gegenstand eines neuen Zyklus und einer neuen Form gesellschaftlicher Kämpfe, wie sich anhand von open source Programmierung, Tor und Diaspora Netzwerke, Wikipedia und Wikileaks auf der einen Seite, der wachsenden Überwachung durch die NSA und anderer Geheimdienste, der weltweiten Kontrolle von Geldflüssen, Versuche der Durchsetzung digitaler Copyright Gesetze usw. auf der anderen Seite zeigt. Meretz versucht nachzuzeichnen, wie diese Entwicklung sich in der Analyse des Wissenkommunismus von André Gorz widerspiegelt, d.h. dessen Versuch, sie mittels der Kategorien von Wert und Mehrwert zu erfassen und sie damit auch politisch programmatisch habhaftbar zu machen. Dabei spielt die Möglichkeit freier Kooperation, kollektiver Verantwortung ohne privatwirtschaftlichem und staatlichem Zwang, die freie Entwicklung und Aneignung von Autonomie und Wissen eine entscheidende Rolle, wie es sich bereits in den anderen Veranstaltungen des Frühjahrsprogramms des Linken Forums gezeigt hat.
Das Linke Forum Oldenburg lädt ein, den Audiostream von Stefan Meretz (https://archive.org/details/andre-gorz-kongress) gemeinsam zu hören und dann zu diskutieren.