verfasst von Helmut

Inhalt: 1) Es gehen Risse durch Europa... 2) Was wäre eine linke Antwort auf diese Probleme?  3) Was fordern die Alternativversager für Deutschland und anderswo für Europa?

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Es gehen Risse durch Europa ...

... nicht solche zwischen denen, die für und gegen Europa sind, sondern zwischen denen, die reich sind und in guten, abbezahlten Wohnungen wohnen, und solchen, die in renovierungsbedürftigen Eigenheimen hausen oder zur Miete. Und diese Risse sind solche zwischen Stadt und Land, zwischen dem Süden, Osten, Westen und dem Norden bzw. der Mitte Europas.

Explodierende Mieten in den städtischen Zentren: Diese Risse folgen dem Geld und Kapital: MieterInnen wohnen in den wirklich großen städtischen Zentren mit entsprechenden Firmen und Niederlassungen, die Mehrzahl der WohnungseigentümerInnen auf dem Land bzw. in der „Peripherie“. Und bei wachsender Abwanderung in die Zentren kommt es zu einer zunehmenden Furcht vor nicht bezahlbaren Mieten, Kündigung und Obdachlosigkeit – nicht selten auch bei Menschen, die auf ein langes Arbeitsleben zurückblicken und inzwischen RentnerInnen sind.

Die Zahl der Zwangsräumungen steigt in Berlin jährlich um ca. 300.

Abbildung 1 zeigt die explodierenden Mietpreise in den europäischen Hauptstädten bei Neuvermietungen, die sich die unteren 2/3 der EinwohnerInnen sicher nicht mehr leisten können. Denn wie die Abbildung 1 zeigt, sind die Mietpreise in allen europäischen Hauptstädten in nur 5 Jahren um mindestens 200 Euro gestiegen, im Schnitt um 400,-, teilweise sogar um bis zu 800 Euro. Welcher Mensch hat 400 Euro oder gar 800,- Euro zusätzlich übrig, um seine entsprechend gesteigerte Miete zu bezahlen?

Renovierungsbedürftige und verfallende Häuser auf dem Land: Aber nicht nur die Mieten in den Zentren der Produktion und des Geldes sind das Problem, auch der Zustand der Häuser und die steigenden Zinsen in den ländlichen Gebieten in Europa, speziell des Ostens, Südens und Westens. Dort leben mehr Menschen auf dem Land, die Wirtschaft ist noch mehr durch Landwirtschaft, Handwerk und Industrie geprägt, die Einkommen sind niedrig. Und dort wohnen mehr als 90 % in ihren Eigenheimen, -wohnungen (Abbildung 2, horizontale Achse. Zur Erklärung der vertikalen Achse: Reiche Länder haben einen größeren Dienstleistungssektor), die nicht selten weitgehend renoviert und modernisiert werden müssten und auch vom Energieverbrauch ein echtes Problem darstellen.

 

Die europäische Zentralbank hat die Möglichkeit, Geld für die Renovierung zu bekommen, stark eingeschränkt, indem sie die Zinsen erhöht hat. Wenn überhaupt genügend Geldrücklagen verfügbar waren, um Kredite für die Renovierung zu erhalten. Und noch weniger Geld ist da, um die Wohnung so zu verändern, dass weniger Energie verbraucht wird. Weniger Energieverbrauch durch bessere Dämmung ist aber das, was wir brauchen, um den Klimawandel zu beschränken.

So drohen Hausbesitzern in ländlichen Gebieten eine weitere Verschuldung (die Zahl der eingetragenen Hypotheken wächst, die Hypothekenzinsen sind gerade im Osten Europas deutlich gestiegen). Der Exodus aus den ländlichen Gebieten und die schleichende Enteignung hält an: Die Jungen ziehen in die städtischen Zentren oder migrieren in die Mitte bzw. den Norden Europas, der Wert der Immobilien in der „Peripherie“ sinkt und wenn die Eltern sterben, bleibt eine halbe Ruine übrig, die für wenig Geld verkauft wird und auf der womöglich noch Hypotheken lasten. Was die Jungen umso mehr zwingt, sich Arbeit für jeden Preis in der Fleischindustrie, der Logistik und Reinigung zu suchen, weil eine Rückkehr ins Elternhaus nicht mehr möglich ist. Und die Miete frisst dann den Lohn für die Arbeit in den Zentren. 

Was wäre eine linke Antwort auf diese Probleme?

Kurzfristig sind Mietpreisbremsen in den großen städtischen Zentren unumgänglich.

Sozialwohnungsbau in den europäischen Großstädten: Und in den städtischen Zentren könnte ein Anteil von mindestens 85 % Eigentumswohnungen oder Sozialwohnungen eine Lösung sein. Sinkt der Eigentumsanteil, muss der Sozialwohnungsbau entsprechend gesteigert werden.
Speziell gemeinnützige Genossenschaften mit Sozialwohnungen sollten gefördert werden, wenn sie Möglichkeiten zur demokratischen Mitbestimmung eröffnen. Denn wir sind klug genug, unsere alltägliche Umwelt auch alleine und gemeinsam zu gestalten.

Teilweise Enteignung der Wohnungsbaukonzerne: Liegt der Anteil der privatvermieteten Wohnungen zusammen mit den Eigentumswohnungen über diesem Wert von 85 %, dann drohen hohe Mietpreissteigerungen. Deshalb sollten in diesem Fall die Wohnungsbaukonzerne um eine entsprechende Anzahl von Wohnungen enteignet werden. Langfristige Niedrigzinsdarlehen für die unteren 50% mit Wohneigentum, wenn dieses renoviert oder modernisiert werden muss. Ganz zinsfreie Darlehen könnten bei der energetischen Sanierung dieser Häuser helfen, diese Darlehen könnten dann mit dem Geld aus den eingesparten Energiekosten zurückgezahlt werden.

Eine linke Antwort wäre also, dass nicht die Vielen ihres Privateigentums an Wohnraum beraubt werden, womit sie in die Furcht vor Wohnungslosigkeit und Verschuldung gezwungen werden und noch mehr auf jede Form von Arbeit angewiesen sind.

Und was fordern die Alternativversager für Deutschland und anderswo für Europa?

Z. B. keine klimapolitischen Vorgaben für den Gebäude. Wie süß: Sie begrüßen den Dauerregen im Norden und die Hitzewellen mit Wassernotstand im Süden!

Z. B. Aufhebung der „Wohnimmobilienkreditrichtlinie“. Wie wunderbar, damit wir noch früher in die nächste Finanzkrise laufen!

Z. B. Reduktion der Migration. Wie schön, dann sehen wir die AfD-Mitglieder ja zukünftig in den Jobs, die zur Zeit von den MigrantInnen ausgeübt werden. Eines ist sicher – dadurch wird es wieder angenehm ruhiger werden!

Und was fordern sie nicht?

Irgendwelche Hilfen für Menschen, die unter zu hohen Mieten oder fehlendem Geld für Renovierung leiden.

Die AfD – nur eine Partei der Gutsituierten und gesellschaftlich Etablierten.