Griechenland unter der Regierung der Nea Dimokratia: Immer noch das Versuchslabor der EU?
Vortrag und Diskussion am Sonntag, 11. Juli 2021, ab 11 Uhr in der Donnerschweerstraße 55 *
Die Nea-Dimokratia-Regierung in Athen unter Premierminister Kyriakos Mitsotakis schüttet die Milliarden mit vollen Händen aus: Corona-Hilfen an Unternehmen und Beschäftigte, ein Konjunkturpaket in Höhe von 24 Mrd. Euro zur Stützung der Wirtschaft, Steuererleichterungen, Bestellung von Kriegsschiffen und Kampfflugzeugen, Einstellung von über 5.000 Polizisten und 1.000 Hilfspolizisten für die Unis… Da auch Griechenlands Wirtschaft tief im Corona-Tief steckt, geht das nur mit neuen Schulden: Milliarden-Anleihen auf dem Kapitalmarkt, neue Hilfen von der EU. 2020 erreichte Griechenlands öffentliche Verschuldung bereits 339 Mrd. Euro bzw. 208% des Bruttosozialprodukts. Dazu kommen noch die Schulden von 2021.
War da nicht was mit Schuldenkrise und Sparen? Ab September will Athen anfangen, die 30,5 Milliarden Euro aus dem EU-Wiederaufbaufonds auszugeben - 12,7 Milliarden davon sind neue Kredite. Und aus Brüssel und Berlin nur Wohlwollen. Was hat diese Wende bewirkt?
Zu Zeiten der Syriza-Regierung war das Narrativ der Linken, Griechenland werde als Versuchslabor für ein größtmöglichstes Sparprogramm missbraucht. Und was ist nun mit dem „politischen Projekt der Austerität“ (Ingo Stützle)? Nicht, dass die Nea Dimokratia gar nicht mehr sparen will: „Überall Polizei, nirgendwo Ärztinnen“, titelte der „Freitag“. Für 2021 sieht der griechische Haushaltsplan eine weitere Kürzung der Gesundheitsausgaben um 572 Millionen Euro vor. Als „Kriegszustand“ bezeichneten Ärzte die Lage in den öffentlichen Krankenhäusern zu Corona-Zeiten, vor denen sich manchmal die Krankenwagen mit Covid-Opfern stauten, die keinen Einlass fanden. Nur mit härtesten Verboten und Strafen dämmte Athen die erste Corona-Welle ein. All das verursachte viel Unmut. Trotzdem hat die Nea Demokratia dauerhaft hohe Umfragewerte, keine Chance für die Opposition. Worauf beruht diese Zustimmung?
Und was machen die rebellischen Griechinnen und Griechen, die 2015 noch eine Mehrheit für „OXI – Nein!“ gegen die EU-Austeritätspolitik erreichten? Die politische Linke ist nach der erzwungenen Unterwerfung der Syriza-Regierung demoralisiert und gespalten. Doch trotzdem – nach zig ergebnislosen Streiks und Demos war die Beteiligung an dem Generalstreik am 16.06.2021, als das neue Arbeitsgesetz im Parlament verabschiedet wurde, eine der größten in den letzten 5 Jahren. Es gibt immer noch genügend Anlass, sich mit Widerstand in Griechenland zu solidarisieren.
Vortragsfolien siehe hier
Aufruf zur Aktion gegen das neue Arbeitsgesetz im Bild oben aus griechenlandsolidarität
* Niedersächsische Verordnung zur Eindämmung des Corona-Virus SARS-CoV-2 (Niedersächsische Corona-Verordnung) vom 30. Mai 2021 |