Das unten zu lesende Statement steht aktuell (22.02.2025) im Linken Forum Oldenburg zur Diskussion:
Im Linken Forum Oldenburg haben wir uns in der Vergangenheit auf einen Konsens zum Ukrainekrieg verständigt. Angesichts der internationalen wie nationalen politischen Entwicklung zu diesem Thema möchten wir die wesentlichen Bestandteile unseres Vorschlags noch einmal herausstellen:
1. Ziel diplomatischer Initiativen muss ein sofortiger und bedingungsloser Waffenstillstand sein, um das Sterben zu beenden. Es kann keinen Frieden und Friedensvertrag geben, solange nicht die Bevölkerungsgruppen entschieden haben, wie und wo sie leben wollen. Diese Entscheidung werden aber weder Putin, die EU, Trump oder Selenskyj treffen. Sie wird das Ergebnis der sich an den Waffenstillstand anschließenden gewaltfrei auszukämpfenden gesellschaftlichen Konflikte sein.
2. Genauso falsch und undemokratisch ist es, das Völkerrecht als abstrakten Entscheidungsmaßstab gegen einen bedingungslosen Waffenstillstand zu bemühen, wie in der Vergangenheit so oft geschehen: Es geht nicht um nationale Grenzen, sondern um die Lebenswirklichkeit und Freiheit von lebenden Menschen, die erst einen Frieden definieren werden.
3. Dieser Krieg hatte einen klaren Verursacher (Putin und die russische Regierung) und viele Mittäter, die hunderttausende von Menschen in den Tod, in Invalidität und psychisches Trauma geschickt haben, obwohl das sich jetzt abzeichnende Ergebnis vorhersehbar war. Ein Friedensschluss, der diese Verantwortung juristisch ungesühnt lässt, ist politisch und moralisch inakzeptabel. Erst nach dieser juristischen Klärung ist überhaupt an einen Frieden zu denken.
4. Nationaler ökonomischer Gewinn als wesentlichen Maßstab für außenpolitische Entscheidungen, wie jetzt nicht nur von Trump in den Mittelpunkt gestellt, entspricht dem Verhalten einer bürgerlich-kapitalistischen Regierung. Früher nannte man das plumpen Imperialismus. Was folgte für das Verhalten gegenüber einem Krieg, wenn von den nationalen Kapitalien auf einmal eher seltene Erden statt billigem Erdgas gebraucht würden (oder umgekehrt)? Unsere Vision einer Ukraine nach einem Waffenstillstand ist nicht die der Rückzahlung von Kriegskrediten mit weiteren, jetzt für die Gewinnung seltener Erden zerstörten Landschaften. Unsere Vision ist die einer egalitären, stark durch Genossenschaften geprägten und nachhaltig wirtschaftenden Gesellschaft mit dezentraler und komplett erneuerbarer Energiegewinnung.
5. Befürwortern eines bedingungslosen Waffenstillstands wird anhaltender Realitätsverlust vorgeworfen, weil dann entweder Putin Europa angreifen oder weil bedingungsloser Waffenstillstand ohne Friedensvertrag und Grenzsicherung nicht funktioniere würde. Wir entnehmen diesen gegensätzlichen Äußerungen, dass Fortführung des Kriegs nur zu mehr Krieg führt und ein Friedensvertrag nur zu einem anderen Krieg. Bei so viel Perspektivlosigkeit halten wir lieber fest, dass es unrealistisch bzw. utopisch sein mag, darauf zu hoffen, dass die Bevölkerungen der Ukraine und Russlands sich unabhängig von ihren autoritären Regierungen und gegen sie die Hände geben. Trotzdem bleibt diese letztere Hoffnung eine reale Möglichkeit und auf sie zu setzen, ist die bessere und die linke Wahl.