Bei unserem nächsten Treffen wollen wir erneut über den Ukrainekrieg diskutieren.
Diskussion: Ein Jahr Krieg in der Ukraine
am Sonntag, 26.02.23, 11.00 Uhr, in der Donnerschweerstraße 55
Jede/r kann zum Thema mit eigenen Beiträgen Stellung beziehen, zur Vorbereitung aber der Hinweis auf folgende Aufrufe, die gegensätzliche Positionen beinhalten:
Ukraine_Vorhersagen_4 herunterladen
https://libmod.de/demonstrationsaufruf_24-feb/
https://www.change.org/p/manifest-f%C3%BCr-frieden
Zur Einführung wird am Anfang kurz ein kommentierter LeserInnenbrief vorgestellt werden:
Sehr geehrter Herr Benninghoff,
wie lange müssen wir uns solche Titel „Scholz zurück im Abblock Modus“ noch gefallen lassen? Wahrscheinlich muss ich wie viele andere die Konsequenz ziehen und mein Abo, das fast schon zu meiner Identität gehört, kündigen. Als treue Leserin frage ich Sie aber erstmal, warum wir bezüglich des Krieges in der Ukraine viel Empathie, aber keine politische Analyse in der FR finden und warum sich alle Redakteure so einig sind. Das will ich erläutern.
Vorausgeschickt Christoph Menke: „Es ergibt sich einfach aus den absolut grundlegenden Prinzipien des Völkerrechts: Russland ist der Aggressor, die Ukraine ist das – unschuldige – Opfer dieser Aggression und hat daher natürlich jedes Recht der Welt sich zu verteidigen. Das Problem beginnt dort, wo man versucht, aus diesem Rechtsurteil ein Kriterium oder zumindest einen Hinweis abzuleiten, wie ein Ende des Krieges erreicht werden könnte. Dass dies bereits unmittelbar aus der Entscheidung über Recht und Unrecht folgt, behaupten diejenigen, die immer wieder die Analogie zum Krieg gegen Nazideutschland beschwören (indem sie z.B. sagen, Russlands Kriegsziel sei „Vernichtung“). Wenn diese Analogie zuträfe, wäre die einzige Möglichkeit, den Krieg zu beenden, die vollständige Niederlage des Feindes. Wenn sie nicht stimmt…“ Von einer guten Zeitung erwarte ich, dass möglichst viele Informationen gegeben werden, damit sich der Leser ein Urteil bilden kann. In der FR herrscht eine perspektivische Berichterstattung vor bis hin zur unkommentierten Wiedergabe von hate speach : Russen sind Monster, Terroristen usw. , die man lynchen sollte.
Um der FR zu entkommen, recherchiere ich seit einiger Zeit nach Informationen in anderen Presseorganen. Hätte das Herr Schwarzkopf auch getan, müsste er sich nicht plötzlich fragen, welche Strategie der „Westen“ oder Herr Scholz verfolgt. Bereits vor einem Jahr berichteten FAZ, Tagesspiegel und besonders die NZZ ausführlich darüber: Strategie des Westens: zwei Monate nach Kriegsbeginn organisierte Verteidigungsminister Lloyd Austin auf dem US-Luftwaffenstützpunkt Ramstein ein Treffen von mehr als 40 Staaten. Diese "Kontaktgruppe" aus Verteidigungsministern sollte fortan jeden Monat zusammentreten. Ging es zunächst darum, der Ukraine beim Abwehren der russischen Aggression beizustehen, so vollzog die USA in Ramstein einen Strategiewechsel. "Wir wollen, dass Russland in dem Maße geschwächt wird, dass es nicht mehr in der Lage sein wird, das zu tun, was es bei der Invasion der Ukraine getan hat", sagte Lloyd Austin. Und fügte hinzu, dass die Ukraine den Krieg gewinnen könne. Das hat eine neue Qualität. Um den langjährigen Erzgegner bedeutungslos werden zu lassen bedarf es eines langen Verschleißkrieges mit möglichst großer Zerstörung des Waffenarsenals. Die Öffentlichkeit wurde immer wieder auf die lange Dauer vorbereitet. Voraussetzung dieser Strategie ist natürlich, dass die Ukraine, die mit großer Verteidigungsbereitschaft, Tapferkeit und militärischen Fähigkeiten beeindruckte mitmacht. Offensichtlich tut sie das. Es erscheint auch dann nicht mehr unangemessen, wenn die Ukraine in harschem Ton Forderungen stellt. (Quelle NZZ 30.4.2022)
Was aber bedeutet die Niederlage Russlands? Olaf Scholz entwickelt dazu eine eigene Position.
https://www.bundesregierung.de/bregde/suche/kanzler-namensartikel-foreign-affairs-2149014
Hierin geht ihm um eine politische Weichenstellung die sichert, dass Europa in einer zunehmend multipolaren Welt als unabhängiger Akteur bestehen bleibt. Er macht sich nicht den fatalistischen Standpunkt zu eigen, dass die Welt wieder in konkurrierende Blöcke – wie im kalten Krieg – zerfallen muss. Durch wachsenden internationalen Handel, weltumspannende Wertschöpfungs- und Produktionsketten sowie einen nie dagewesenen Austausch von Menschen und Wissen über Grenzen hinweg haben über eine Milliarde Bürgerinnen und Bürger den Weg aus der Armut gefunden. Erfordert den Multilateralismus in einer multipolaren Welt am Leben zu erhalten. Die zentrale politische Botschaft, die Scholz mit der Zeitenwende verbindet, zielt auf die Proklamation von Dialog und Kooperation in einer multipolaren Welt auch außerhalb der demokratischen Komfortzone . Die neue Nationale Sicherheitsstrategie der Vereinigten Staaten verweist zu Recht auf die Notwendigkeit, mit Ländern zusammenzuarbeiten, die demokratische Institutionen zwar selbst nicht angenommen haben, aber dennoch auf ein regelbasiertes internationales System angewiesen sind und ein solches auch unterstützen. Statt eines Sieges über Russland will er, dass Russland den Krieg beendet. Im Gespräch mit Lula (Brasilien) wird dafür eine Vermittlungsgruppe ins Auge gefasst, die wohl möglichst die Scholz‘sche Weltsicht teilen müsste. Ich hoffe Sie trotz provokativer Angriffe nicht so verärgert zu haben, dass Sie mir nicht antworten und verbleibe mit freundlichen Grüßen
Birgit B