Transformationsprozesse und deren Konsequenzen in der Landwirtschaft: Nur ein Beispiel aus Portugal
von Georg Franzky Cabral und Claus Bunk
Der Olivenbaum und seine Früchte sind schon vor ca. 6000 Jahren vom Menschen kultiviert worden. Aus dem vorderen Orient, der Levante, bis in den westlichen Mittelmeerraum breitete der Baum sich über den Handel aus.
Alle alten Kulturen, seien es die Phönizier, Ägypter, Griechen, Römer, die arabischen, levantinischen und nordafrikanischen Völker: für sie war der Olivenbaum eine heilige Pflanze, ein Baum, der eine Seele hat, im Alten Testament werden Baum wie Frucht häufig erwähnt, für den Islam war der Olivenbaum die Achse des Weltalls. Der Zweig galt als Symbol des Friedens wie des Sieges, das Olivenöl, das auch Licht spendete, hatte für viele Völker göttliche Bedeutung, war Heilungsmittel, Kosmetikum und Nahrung. Ein heiliges Produkt, das die Erde bietet und so wertvoll ist, dass es seit Jahrtausenden von Generation zu Generation weitergegeben wurde.
Seit der Antike also ist der Olivenbaum mit dem Leben und der Kultur der Menschen verbunden. Er ist aus der Geschichte wie aus den Landschaften und Lebensräumen, aus Küche und Medizin, aus Sagen und Legenden, aus dem Alltag der mediterranen Regionen, zu denen auch Portugal zählt, nicht wegzudenken.
Bis noch vor wenigen Jahrzehnten waren die zum Teil sehr alten Olivenhaine in Portugal landwirtschaftliche und landschaftsstrukturierende Bestandteile des Landes. Oliven wie Olivenöl gehörten zum Alltag wie der lokale Rotwein und die Korkproduktion. Es dominierte bis weit in die 80iger Jahre die traditionelle Haltung von Schafen und Ziegen inmitten der Olivenhaine, eine kombinierte naturverbundene Landwirtschaft. Schafherden, Schäfer und deren Arbeit gehörten von je her zum weitverbreiteten, lebenswichtigen Kulturgut. Das hatte natürlich überhaupt nichts mit (kapitalistischer) Produktivität zu tun; es war eine Art familiäre Subsistenzwirtschaft mit kleinen lokalen Verarbeitungsbetrieben wie Schlachtereien, Olivenölpressen, Wein- und anderen Kooperativen und Werkstätten für die landwirtschaftlichen Geräte und Maschinen. Entsprechend strukturierte sich das dörfliche, gesellschaftliche Leben: man war aufeinander angewiesen, die Familien kannten einander seit Generationen, oben und unten war
Alte Landschaft mit Trockenmauern und Olivenbäumen
klar definiert und es gab seit den 60iger Jahren eine deutliche Zunahme der Binnenemigration: vom Land in die Städte. Das Land war keine Idylle, es bot gewachsene Strukturen des Lebens und Arbeitens, wenn auch wenig Zukunft. Daran änderte auch kaum etwas der Sturz der Diktatur am 25. April 1974 und in der Konsequenz dieser Zäsur die ca. 1 Million ha umfassenden Landbesetzungen im riesigen Alentejo (ca. 30.000tsd. qkm, ein Drittel der Landesfläche). Doch diese einmalige historische Möglichkeit der Landreform, meint Umverteilung jahrhundertelangen Großgrundbesitzes an die, die dort lebten und arbeiteten, wurde ab 1978 auch mit europäischer Unterstützung wieder zunichte gemacht. Die BRD mit SPD-Kanzler Schmidt hatte daran gehörigen Anteil!
Diese Traditionen geleitete Zeiten gehen in jeder Beziehung turbomäßig dem Ende zu!
Von mediterranen Naturräumen, geprägt von Olivenbäumen, zu industrialisierten Plantagenflächen mit gezüchtetem Saatgut und gefährlichen Pflanzenschutzmitteln
Im Jahre 1998 ernteten die Portugiesen auf ca. 260.000 Hektar Oliven und produzierten 30-35.000 Tonnen Olivenöl. Verbraucht wurde im Land etwa das Doppelte, und so wurde Olivenöl v.a. aus Spanien eingeführt. Die oben skizzierte traditionelle Art des Landwirtschaftens war nicht auf den hohen Verbrauch in den wachsenden städtischen Agglomerationen angelegt und schon gar nicht zum Export. Denn nach der Pflanzung dauerte es fünf bis zehn Jahre, bis der Baum seine ersten Früchte trug und weitere zehn bis fünfzehn Jahre, bis sich der Ertrag an Oliven rentierte. In diesen Jahren entwickelt der Baum ein Wurzelwerk, das einen Radius von acht bis zehn Meter hat und tief, fünf Meter und mehr, in den Boden reicht. Die Pflanzungen waren extensiv ausgelegt und benötigten keine künstliche Bewässerung, jedoch viel Arbeit bei der Ernte und dem folgenden Beschneiden. Die Bäume konnten jahrhundertelang Früchte geben.
Im Jahre 2023, also 25 Jahre später, produziert Portugal auf 380.000 Hektar Fläche etwa 190.000 Tonnen Olivenöl. Verglichen mit 1998 werden auf ca. 30% mehr Anbaufläche etwa 6x so viel Olivenöl produziert, also eine Steigerung um 600%. Portugal liegt damit nach dem Weltmarktführer Spanien, Italien und Griechenland in Europa an 4. Stelle. (2023 wurden in Spanien auf rund 2,6 Millionen Hektar Oliven angebaut, das sind 26.000 qkm, fast so groß wie Brandenburg; bei ca. 1,2 Millionen Tonnen Olivenöl Ertrag).
Wie das?
Es kamen mehrere Faktoren zusammen, die eine derartige Steigerung der Olivenölproduktion möglich machten. Der vielleicht wichtigste Faktor: Im nordwestlichen Alentejo (der Alentejo ist das Hauptanbaugebiet für Oliven, ca. 75%; doch auch im Norden und im Ribatejo gibt es große Anbauflächen) wurde Ende der 90iger Jahre der größte Stausee Europas fertiggestellt, der Alqueva mit 250 qkm Oberfläche. Mit dem Bau begonnen wurde schon zur Salazarzeit und der See sollte weite Teile der (weitgehend noch traditionellen) Landwirtschaft des Alentejo mit dem nötigen Wasser versorgen. Macht er auch, nur geht das Wasser nicht an alle, die es benötigen, sondern es zeigt sich, dass sich der alte und neue Großgrundbesitz bevorzugt das profitable Nass holt. Eben auch die neu entstandenen Oliven-Industriebetriebe, die mit Neuzüchtungen, z.B. den Zwergolivenbäumen, die alten, extensiv gepflanzten Baumkulturen verdrängten. Vorreiter hierfür waren die spanischen agrar-industriellen Unternehmen, die schon wesentlich früher auf neue Anbau- und Erntemethoden umgestiegen sind und nun rund um den Alqueva-Stausee riesige Gebiete aufkauften. Große portugiesische Konzerne (Sovena, Galo etc.), die auch international tätig sind, haben ebenfalls diesen Markt und seine Produktionsmethoden für sich entdeckt, kilometerlang Land im Alentejo für den industriellen Anbau aufgekauft und mit Zwergbäumen bepflanzt. Diese Neuzüchtungen von Olivenbaumkulturen benötigen im Gegensatz zu den traditionellen Arten permanente Bewässerung. Da die Erntemaschinen die Bäume nur bis zu einer gewissen Höhe abernten können, werden die zu hoch gewachsenen Pflanzungen nach 10-15 Jahren gekappt und später gerodet, um danach neu ausgepflanzt zu werden. Eine weitere Wegwerf-Natur entsteht. Der portugiesische Marktführer Solvena, der mit seiner Marke „Oliveira da Serra“ nicht nur national verkauft, sondern auch in Brasilien und sogar in den USA zum Marktführer geworden ist, profitiert von dieser Entwicklung überdurchschnittlich und hat durch den Ankauf vieler tausend Hektar von Kulturland großen Anteil an diesem Transformationsprozess.
Ein kleiner und wie in solchen Fällen immer eingepreister „Nebeneffekt“: Die Umwandlung alter Kulturlandschaften in standardisierte und kurzlebige Plantagen, um ein neues Massenprodukt auf den Markt zu bringen, nimmt den traditionellen Produzenten die Möglichkeit einer adäquaten Vermarktung.
Alqueva Stausee (Ausschnitt); im Vordergrund der Ort Monsaraz
Mit anderen Worten: Im Schatten dieser Pflanzungen findet der angekündigte Tod der Alentejo-Kultur-Landschaft seinen Anfang.
Ein zweiter Faktor dieser Entwicklung ist der demographischen Situation geschuldet. Ist der Alentejo historisch schon immer dünn besiedelt (weniger als 5% der Einwohner leben in diesen 1/3 des Landes umfassenden Alentejo; ein Grund dafür ist der seit Jahrhunderten existierende Großgrundbesitz), so ziehen weiterhin besonders die jungen Leute in die Städte und an die Küste, wo die Arbeitsmöglichkeiten im Allgemeinen ausreichend vorhanden und arbeitszeitlich übersichtlich sind (geregelte 35-40 Stundenwoche). Die Älteren bleiben und haben viel von ihrem Land verkauft, weil sie es nicht mehr bebauen bzw. beernten können und der Verdienst immer weniger wurde. Aufgekauft haben nationale wie internationale Großbetriebe u.a. aus Spanien und den Niederlanden. Was ursprünglich eines der bestimmenden Ziele für den Bau des Stausees war, nämlich dass sich mehr Menschen in dieser fruchtbaren, aber wenig besiedelten Region niederlassen, hat sich ins Gegenteil verkehrt.
Und nicht zuletzt ist der portugiesische Staat Teil dieser problematischen Entwicklung. Um Portugal zu einem Olivenöl exportierenden Land zu machen, griff er 2003 und 2011 zu protektionistischen Maßnahmen: billiges Land nicht zu weit vom Alqueva-Stausee entfernt sowie günstige Kredite sollten den Unternehmen auf dem Weg dorthin helfen. Der Anteil des Alentejo an der portugiesischen Produktion stieg auf 77 %, der Anteil der Olivenhaine gar auf 85 %. Doch hat es der portugiesische Staat nicht geschafft, oder hat es nicht schaffen wollen, diesen immensen Umbau hin zu einer weitgehend industrialisierten Landwirtschaft zumindest in Ansätzen zu kontrollieren. So werden seit Jahren tausende von Hektar unkontrolliert und illegal bewässert und das Öffentlich machen dieses kriminellen Verhaltens durch Umweltorganisationen zieht noch lange keine Intervention der zuständigen Behörden nach sich. Dass sich Spanien ebenfalls seit Jahren illegal am Alqueva-Stausee und am Fluss Guadiana bedient, wurde im Sommer 2024 endlich von spanischen Behörden eingeräumt und nun will man auch zwei Millionen Euro im Jahr bezahlen, so die spanische Landwirtschaftsministerin (als ob Geld direkt Wasser schafft). Die liberale Tageszeitung „Publico“ schrieb Mitte Oktober, dass man die großen Wasserverbraucher vom Alqueva rationieren will - im Verhältnis ihrer Anbaugröße. Wurde schon oft gesagt aber nie getan. Portugiesen dürfen in Dürreperioden ihr Gemüse im Garten nicht sprengen, aber ´Oliveira da Serra` öffnet den Hahn ohne Gewissen. Immer rein mit dem Wasser in die Bäume, damit die 0815-Oliven fett werden
Konsequenzen für Natur und Bevölkerung
Die Umweltschutzorganisation Quercus hatte schon vor vielen Jahren die Öffentlichkeit in Portugal darüber informiert, dass die Erntemaschinen, die auch nachts eingesetzt wurden, Nacht für Nacht Millionen von Singvögeln töteten, die in den Olivenbäumen der Pflanzungen nisten. Daraufhin wurde 2019 die Nachtarbeit der Maschinen für diese Betriebe per Gesetz untersagt. Aber auch während des Tages werden weiterhin Jungvögel und andere Kleinlebewesen zur Erntezeit in großer Zahl vernichtet. Den Rest erledigen die eingesetzten Pflanzen“schutz“mittel.
Wie war das mit dem Artensterben bei Pflanzen und Tieren?
Bisherige diverse Kulturen werden durch Monokulturen ersetzt, die Biodiversität vernichtet und der Lebensraum unzähliger Tierarten und der Nutztierzucht geht rasant zurück. Die Nähe dieser Massenkulturen zu Siedlungskernen, Dörfern und Häusergruppen zwingt die Bevölkerung zu regelmäßigem Kontakt mit Pflanzen“schutz“mitteln, die auch oft das Grundwasser verunreinigen. Es gibt Familien, die ihre Häuser verlassen, wenn sie wissen, dass wieder gesprüht wird. Die Auswirkungen auf die Gesundheit, die direkten Folgen der Nähe mit diesen chemischen Stoffen (u.a. Kupferoxid) sind bisher offiziell noch nicht bewertet worden. Auf alle Fälle wird die Lebensqualität der Bevölkerung beeinträchtigt. Nicht nur wegen der Nähe der Kulturen an sich, sondern auch wegen der Nähe von Fabriken, die das übrigbleibende Oliven-Fruchtfleisch sowie die restlichen Schalen und Bruchstücke von Olivenkernen in Oliventresteröl (den bagaço) und Biomasse umwandeln. Dabei verwenden diese Fabriken die getrocknete Biomasse selbst als Brennstoff, der aus ihren Schornsteinen fettige, stark ekelerregend riechende umweltschädliche Gase ausstößt. In Fortes, in der Gemeinde Ferreira do Alentejo, leben die 100 meist älteren Einwohner etwa 300 Meter von der Oliventresterbrennerei Azpo/Aggraria entfernt, die zum spanischen Konzern Migaza gehört. Die Fabrik arbeitet rund um die Uhr, 24 Stunden am Tag, sieben Tage die Woche. Das bedeutet, dass die Bewohner des Dorfes und seiner Umgebung seit seiner Eröffnung im Jahr 2009 unter Geruch und schädlichem Rauch leiden. Bestimmte Wetterlagen bringen die Abgase mit, die Augen und Rachen reizen, und Husten, Tränenfluss und Kurzatmigkeit verursachen.
Der Kampf um das Wasser im Alentejo verschärft sich
Der Bau des Alqueva-Staudamms und anderer Stauseen hat einen tiefgreifenden Transformationsprozess in der Landwirtschaft des Alentejo (und nicht nur dort) eingeleitet. Dabei gibt es ein paar Gewinner, aber viele Verlierer. Die sozialen Ungleichgewichte zwischen Großgrundbesitz und den Nachfahren der besitzlosen Landarbeiter sind nicht mehr in der alten Form vorhanden. Die Grenzen haben sich verschoben: Es gibt nun diejenigen, die riesige Grundstücke mit Wasseranbindung haben, und diejenigen, die auf dem Trockenen sitzen. Wie schwerwiegend die Folgen für die Biodiversität und das ökologische Gleichgewicht sind, wird sich erst in vielen Jahren richtig einschätzen lassen.
Im August 2020 wurde festgestellt, dass die Grundwasserreser-ven und der Wasserstand des Alqueva Stausees 20% unter dem Normalstand liegen. Portugiesische Umweltschutzbehörden stellten deshalb fest, wenn es nicht zu außergewöhnlich hohem Niederschlag kommt, kann die Versorgung der wasserhungrigen industriellen Landwirtschaft nicht mehr gewährleistet werden. Aus diesem Grunde wurde den industriellen Olivenanbaubetrieben eine maximale Menge von Wasser pro Hektar zugestanden. Wie sie das illegal umgehen, ist oben angesprochen worden.
Und wer macht die industrialisierte Arbeit auf den Riesenplantagen?
In diesen dem maximalen Profit unterworfenen Gebieten Portugals arbeiten nur noch wenige Einheimische auf dem Land und noch weniger in den dazugehörigen Industriebetrieben. Sie wollen diese Jobs nicht machen, weil die Löhne sehr niedrig, die Arbeitszeiten lang und hart sind und sie sich nicht dem Diktat der multinationalen Firmen unterwerfen wollen. Also kommen die Arbeitskräfte, die hier benötigt werden aus Indien, Thailand, Pakistan und Nepal mit zeitlich befristeten Verträgen. Wie es diesen Arbeitern ergeht, wie sie untergebracht werden, wie die Gesundheitssituation mit Covid19 aussah und wie sie bezahlt werden (Salário mínimo/Mindestlohn, z.Zt. 820 € minus Sozialabgaben), kann man heute in allen Zeitungen Portugals nachlesen. Die wenigsten arbeiten unter akzeptablen Bedingungen. Viele beklagen sich über zu lange Arbeitszeiten, schlechte Arbeitsbedingungen, die Einbehaltung von Passdokumenten und Lohnanteilen. Die Beschwerden, die bei der Ausländerpolizei eintreffen, beschreiben oft Arbeitsbedingungen, die wir nur aus der Sklaverei kennen. Eine der häufigsten Klagen bezieht sich auf das Wohnen, besser Eingepferchtsein in überfüllten Häusern, Containern und landwirtschaftlichen Lagerhallen ohne ausreichende sanitäre Anlagen und fernab von Dörfern, und dies auch noch zu Pandemiezeiten. Mitunter schlafen 40 bis 50 dieser Wanderarbeiter auf Matratzen auf dem Boden.
Klimakrise, Klimawandel?
Seit mindestens zwei Jahrzehnten gibt es in Portugal Studien, die für den Süden des Landes zum Ende des Jahrhunderts die Entwicklung zu Versteppung und Verwüstung vorhersagen – bis auf die Zonen, die nahe dem Atlantik aufgrund des Steigens des Wasserpegels weltweit eh schon im Wasser verschwunden sind (z.B. die Ostalgarve und viele Zonen Westportugals, die am Atlantik liegen). Alles keine Horrorszenarien, wie die extremeren Wetterlagen der letzten 10-15 Jahre zeigen. In den vergangenen Sommern wurden die hitzegewöhnten Landschaften Portugals Tage und Wochen mit noch höherer, extremer Hitze heimgesucht, was u.a. allerorts höheren Wasserbedarf nach sich zog; im Winterhalbjahr, also während der kühleren „Regenzeit“ im Süden Portugals, gleichen die Temperaturen manchmal denen des Sommers. Zudem regnet es immer weniger, und gelegentlich setzt Starkregen alles unter Wasser. (So geschehen im Algarve am 1.11. 2015, als der Ort Albufeira an manchen Stellen mehr als einen Meter unter Wasser stand und wochenlang riesige Seen auf den Algarveäckern und -weiden zu sehen waren).
Es kommt immer öfter zu trockenharten Böden, wo dann bei starken Niederschlägen das Wasser oberflächlich abfließt, wertvollen Boden mit sich fortspült und erodierte Böden hinterlässt. So spürt die Landwirtschaft den Klimawandel als Erste. Ein Opfer und bedeutender Teil des Problems!
Allein am Beispiel der Umwandlung der alten Olivenkulturen in standardisierte Massenplantagen in Portugal (in Spanien, Griechenland, Italien…) lassen sich einige Faktoren einer negativen Klimabeeinflussung festmachen.
• Die Böden unter dauerhaft genutztem Grünland wie bei den extensiv gepflanzten Olivenbäumen mit den Wildpflanzen darunter sind bedeutende Kohlenstoffspeicher und dienen damit dem Klimaschutz. Doch sobald sie umgebrochen, also beackert werden, dreht sich der Effekt ins Gegenteil um: Der Humus im Boden wird abgebaut und große Mengen an klimaschädlichem CO2 entweichen in die Atmosphäre.
• Am negativsten wirkt sich aus, wenn „altes“ Grünland umgebrochen wird. In den ersten Jahren nach dem Umbruch werden sehr viel mehr Humus abgebaut und CO2 emittiert, als in einem neu eingesäten Grünland im selben Zeitraum gebunden werden kann. Ein Ausgleich im Sinne von „eine Fläche hier umbrechen und dort neu einsäen“ funktioniert als nicht. (Bund Naturschutz.de)
• Der Energiebedarf für den nun erforderlichen Maschineneinsatz in den neuen Plantagen während der Ernte und dem Beschneiden, sowie in der Weiterverarbeitung zum Olivenöl steigt beträchtlich.
• Die Verwendung von synthetischen Düngern: Die Herstellung dieser ist sehr energieintensiv und dadurch entsprechend klimaschädlich.
• Die Verdichtung des Bodens durch die schweren Erntemaschinen leistet der Erosion bei starkem Regen und Wind Vorschub.
• Die alten Trockenmauern, Hecken und Feldgehölze werden meist rigoros entfernt, sodass der Wind ungehindert über diese Agrarsteppen fegen kann. Austrocknung des Bodens, Erosion, daraus resultierender verstärkter Dünger- und Wassereinsatz sind weitere Folgen. Vom Aussterben heimischer Pflanzen und der Zerstörung des Lebensraums der Kleintierwelt gar nicht zu sprechen.
• Algarve wird bald eine Entsalzungsanlage erhalten. Der Standort steht schon fest, es wird „nur noch“ über die Finanzierung dieses Milliardenprojekts gestritten. Welche Energie von woher diese hochgradig Energie verbrauchende Fabrik dabei eingesetzt wird, was mit der hochkonzentrierten Sole als „Abfallprodukt“ passiert usw., das wird noch verhandelt. Denn eins ist allen klar: Wenn die Regenfälle weiter zurückgehen, wird bald die nächste Entsalzungsanlage gebaut – auch für die Oliven im Alentejo.
Fazit: Der aktuelle Wettlauf um das „Öl-Eldorado“ im Alentejo wird bleibende Spuren in der Region hinterlassen. Es wird letztendlich zur Erschöpfung des ökologischen und kulturellen Reichtums des Territoriums führen. In einem Gebiet, in dem absolute Wasserknappheit herrscht, findet permanent Verschwendung dieses lebensnotwendigen Elements statt. Dies alles, damit die wenigen Konzerne weltweit ein industriell gefertigtes, billiges (und oft gepanschtes oder verschnittenes) Olivenöl auf den Markt werfen können. Im Alentejo wird dank des Wassers aus dem Alqueva Stausee die Olivenölproduktion von wenigen großen Industriegruppen dominiert (u.a. die Firma Solvena mit ´Oliveira da Serra` und die Galo-Gruppe sowie der spanische Migaza-Konzern). Ein intensiver, industrialisierter Olivenanbau im Alentejo wird sicher die Handelsbilanz des Landes verbessern, aber er funktioniert wie der Eukalyptusanbau: er trocknet alles um sich herum aus, verhindert traditionelle Tierzucht und vernichtet die Existenz der kleinen Olivenbauern.
Erhalt der Natur- und Lebensräume für die Einheimischen, Biodiversität, Artenvielfalt in Flora und Fauna – weit gefehlt! Erst kommen Markt und Profit, und der Rest stellt sich hinten an!
Weitere Artikel:
Claus Bunk, Portugiesisch-Hanseatische Gesellschaft, info-post, Ausgabe 27 | Februar 2022
Claus Bunk, Portugal Post 69, Seite 18, Industrialisierung der Olivenölproduktion im Alentejo
https://reportagen.com/reportage/fruechte-der-ausbeutung/
https://www.spiegel.de/ausland/portugal-warum-erntehelfer-aus-nepals-heidelbeeren-und-himbeeren-ernten-und-ein-nationalpark-leidet
s. auch die Reportage des WDR vom 21.8.2024 „Bittere Früchte“ über die internationale Ausbeutung der immer verfügbaren Reservearmeen aus Indien, Bangladesch, Pakistan, dem Nepal und Nordafrika, sowie die illegalen, kriminellen Machenschaften der international agierenden Zeitarbeits- und Vermittlerfirmen – zum Wohle der weltweit tätigen Handelsimperien
Der portugiesische Journalist und Fotograf André Paxiuta wird in Kürze ein Fotobuch über das „OilDorado no Alentejo“ veröffentlichen und noch mehr Einzelheiten zu diesen Umweltskandalen aufdecken.