Eine unsachliche Antwort auf Bestrebungen, das Bürgergeld zu „reformieren“ (von Helmuth)
CDU-, FDP- und AfD-Politiker wollen den BezieherInnen von Bürgergeld das Leben schwer machen, d.h. denen,
Die zu wenig zum Leben haben, trotz Überstunden, in denen wir ihnen die Pizza oder das Paket bringen, das Fleisch schlachten oder den Spargel ernten, die Häuser, Schulen oder Krankenhäuser putzen. Die so wenig Geld verdienen, dass sie davon wegen Stundenzahl und Stundenlohn nicht leben können (Von den verbleibenden rund 4 Millionen erwerbsfähigen Leistungsberechtigten sind rund 20 Prozent erwerbstätig [1]).
Die sich um andere kümmern oder darum, arbeitsfähig zu werden (Rund 40 Prozent der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten standen dem Arbeitsmarkt nicht oder nur bedingt zur Verfügung, weil sie sich z.B. in Ausbildung bzw. Studium befanden, Kinder erzogen, Angehörige pflegten.[2] 35,3 % aller Alleinerziehenden und ihre Kinder beziehen Bürgergeld. Müssen drei und mehr Kinder versorgt werden, steigt die Hilfequote sogar auf 70,0 %. [3]).
Die vermehrt an Krankheit und psychischen Problemen leiden (Mehr als jede/r dritte BezieherIn von Hartz IV kämpft laut dem Institut für Arbeitsmarkt und Berufsforschung mit psychischen Problemen.[4] Bürgergeld BezieherInnen sind mehr als doppelt so häufig im Krankenhaus als Erwerbstätige.[5]).
Die jetzt auf die Straße und Schienen geschickt werden sollen (Künftig soll bei einer Tagesarbeitszeit von mehr als sechs Stunden eine Pendelzeit von insgesamt drei Stunden - hin und zurück - zu akzeptieren sein. Bei geringerer Arbeitszeit sind es zweieinhalb Stunden für den Arbeitsweg).
Die, wenn sie sich einmal nicht melden, ganz der Willkür der SachbearbeiterInnen ausgesetzt werden sollen, welche dann darüber entscheiden, ob sie die nächsten Wochen hungrig ins Bett gehen werden oder nicht („Bei Meldeversäumnis kann eine Minderungshöhe von 30 Prozent für einen Monat festgesetzt werden. Dabei wird es keine starre Sanktionsdauer geben, sondern gelten, dass bei positiver Mitwirkung (oder Signal der Mitwirkungsbereitschaft) die Sanktion aufgehoben wird“ [6]).
Dabei sind diese Eiferer für eine „Reform" des Bürgergelds die,
Die es faktisch nicht hinbekommen, ob Staatshaushalt, Klimaschutz, Umbau der Industrie usw.
Die die Bahn nicht pünktlicher werden lassen können (2024 waren weniger als zwei Drittel der Fernzüge pünktlich).
Die nicht genügend Pflege in die Krankenhäuser, Heime und Haushalte bekommen (2024 fehlten in knapp 50 % der Pflegeeinrichtungen Fachpersonal. Laut der Umfrage bei 655 Pflegeeinrichtungen und Diensten der Diakonie mussten 72 Prozent der Pflegeheime und 91 Prozent der ambulanten Dienste in den vergangenen sechs Monaten Leistungen aus personellen Gründen einschränken[7]),
Die so leben, dass die Erde sich mehr und mehr erwärmt, und das als ihr gutes Recht ansehen: Haushalte mit mehr als 4000,- € verursachen mindestens 2/3 mehr CO2- Ausstoß als solche mit Bürgergeld [8]).
Die von den BürgergeldbezieherInnen offensichtlich keine Ahnung haben (Linnemann, CDU: "Die Statistik legt nahe, dass eine sechsstellige Zahl von Personen grundsätzlich nicht bereit ist, eine Arbeit anzunehmen…Dann muss die Grundsicherung komplett gestrichen werden". Fakt ist aber: In den ersten elf Monaten des Jahres 2023 gab es insgesamt 13.838 Fälle, eher weniger als 10 % der Zahl von Linnemann, die womöglich grundlos Arbeitsangebote abgelehnt haben [9]).
Unsere Antwort auf eure „Reform“: Schluss mit der Hetze gegen die ganz unten!
Schluss mit der Verbreitung ständiger Angst und Sorge!
Für Freiheit, Gleichheit, Fürsorge und Kooperation!
Ein paar Zahlen aus der Stadt Oldenburg zur Ergänzung
Im ersten Quartal dieses Jahres waren beim Jobcenter Oldenburg von monatlich durchschnittlich 11.715 erwerbsfähigen Leistungsberechtigten nur 4.372 arbeitslos (37.3 %).
Immerhin ein Viertel aller Erwerbsfähigen (2.914 = 24.9 %) war erwerbstätig.
Insgesamt 7.343 Erwerbsfähige (62.7 %) waren gar nicht arbeitslos, von ihnen befanden sich
· 1.904 in arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen,
· 1.403 in ungeförderter Erwerbstätigkeit,
· 1.515 in Schule, Studium oder ungeförderter Ausbildung,
· 869 in Erziehung, Haushalt, Pflegeeinrichtungen,
· 414 in Sonderregelungen für Ältere,
· 659 in Arbeitsunfähigkeit.
1.490 (12.7 %) der Erwerbsfähigen sind zudem alleinerziehend – und haben entsprechend kaum Chancen, mit einer Erwerbstätigkeit aus dem Bürgergeld herauszukommen.
Die nicht arbeitsunfähig, zu alt oder in Erziehung, Haushalt oder Pflege gebunden sind, tun also aktiv etwas, um ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt zu verbessern.
Bessere Beratung, leichterer Zugang zu Sprachförderung und Qualifizierungsmaßnahmen waren übrigens ein paar der wenigen Verbesserungen durch die Einführung des Bürgergelds.
Auch die in letzter Zeit kritisierten geringen Erwerbsquoten von Geflüchteten vor allem aus der Ukraine sind auf dieses Konzept von Sprachförderung und Berufsqualifikation zurückzuführen, das langfristig zu einer stabileren Arbeitsmarktintegration führt.[10]
Und noch ein paar Fakten zu den „Arbeitsverweigerern“
Im ersten Quartal dieses Jahres gab es beim Jobcenter Oldenburg monatlich durchschnittlich von insgesamt 4.372 arbeitslosen Leistungsberechtigten gerade mal 39 mit einer Sanktion – das sind 0.9 %!
Von diesen Sanktionen gab es keine einzige wegen „Weigerung Aufnahme oder Fortführung einer Arbeit, Ausbildung oder eines geförderten Arbeitsverhältnisses“.
[1] https://www.bmas.de/DE/Service/Presse/Meldungen/2023/das-buergergeld-faktencheck.html
[2] https://www.bmas.de/DE/Arbeit/Grundsicherung-Buergergeld/Buergergeld/Das-Buergergeld-Fakten-im-Detail/das-buergergeld-fakten-im-detail.html
[3] https://www.sozialpolitik-aktuell.de/files/sozialpolitik-aktuell/_Politikfelder/Sozialstaat/Datensammlung/PDF-Dateien/abbIII58.pdf
[4] https://www.deutschlandfunk.de/psychisch-kranke-im-hartz-iv-system-im-dschungel-der-100.html
[5] https://doku.iab.de/kurzber/2014/kb2314.pdf
[6] https://www.fokus-sozialrecht.de/sgb-ii-anderungen-im-haushalt-2025
[7] https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/146184/Pflegeheime-belegen-wegen-Personalmangel-noch-weniger-Betten
[8] https://www.umweltbundesamt.de/themen/hoeherem-einkommen-steigt-die-umweltbelastung
[9] https://www.tagesschau.de/inland/linnemann-buergergeld-100.html
[10] Vergleiche NWZ vom 2. August 2024, Seite 3