Beiträge zu der Kritik an Sahra Wagenknechts Position zum Ukrainekrieg:
Helmuth: Vier Kritikpunkte an Wagenknechts Position
Henning zum Nationalismusvorwurf
Ulrich zum Nationalismusvorwurf
Helmuth: Der Nationalismus ist wesentliches Kennzeichen der Position von Sahra Wagenknecht
Achim zur Bedeutung Friedensverhandlungen
Helmuth: Bedeutung von Friedensverhandlung
Henning: Redebeitrag Friedensdemo 31.08.2024
Hans-Henning (BSW Fraktion): zum Nationalismusvorwurf
Helmuth, für Dich ist die Vertretung nationaler Interesse ( z.B. gegenüber den USA) offenbar "nationalistisch". Wie bewertest Du z.B. die Eidesformel, die nach dem Grundgesetz der Bundespräsident und auch der Bundeskanzler sprechen müssen:
"Ich schwöre, daß ich meine Kraft dem Wohle des deutschen Volkes widmen, seinen Nutzen mehren, Schaden von ihm wenden, das Grundgesetz und die Gesetze des Bundes wahren und verteidigen, meine Pflichten gewissenhaft erfüllen und Gerechtigkeit gegen jedermann üben werde. So wahr mir Gott helfe."
Die von Dir kritisierten Positionen von Sahra Wagenknecht bewegen sich in dem Rahmen, den das Grundgesetz setzt. Ich finde es unsäglich solche Positionen als "nationalistisch" zu diffamieren.
Nationalistisch ist z.B. die Politik von Netanjahu, der vermeintlich nationale Interessen auf Kosten anderer Völker durchsetzen will - durch Völkermord in Gaza und mit Geländeraub durch Siedlungspolitik im West-Jordan-Land.
Noch ein Beispiel für eine richtig verstandene nationale Politik, die gerade nicht nationalistisch ist, weil sie nicht die eigenen nationalen Interessen über die anderer Nationen stellt, die "Kinderhymne" von Berthold Brecht:
1. Anmut sparet nicht noch Mühe
Leidenschaft nicht noch Verstand
Daß ein gutes Deutschland blühe
Wie ein andres gutes Land.
2. Daß die Völker nicht erbleichen
Wie vor einer Räuberin
Sondern ihre Hände reichen
Uns wie andern Völkern hin.
3. Und nicht über und nicht unter
Andern Völkern wolln wir sein
Von der See bis zu den Alpen
Von der Oder bis zum Rhein.
4. Und weil wir dies Land verbessern
Lieben und beschirmen wir's
Und das Liebste mag's uns scheinen
So wie andern Völkern ihrs.
Ulrich: Der Nationalismus ist nicht zu übersehen
Hallo Henning: Wo ist die Differenz zu "unser Land zuerst?" Das heißt doch nichts anderes, als zuerst an sich und dann an andere zu denken. Das ist keine solidarische Position und erst recht keine angemessene Antwort auf globale Verflechtungen und globale Probleme. Es ist auch schlicht regressiv, statt weiterer europäischer Integration wieder zurück zu einem Europa "souveräner Demokratien" zu wollen (auch hier die Frage: wo ist die Differenz zur Parole" für ein Europa souveräner Nationen")
Helmuth: Der Nationalismus ist wesentliches Kennzeichen der Position von Sahra Wagenknecht
Hallo Henning: Die Aussagen von Sahra Wagenknecht und des BSW beziehen sich, und dabei würde ich bleiben, auf die Einheit eines Staats, nicht auf Klassenstrukturen. Ich zitiere aus dem Wahlprogramm: „Unser Land ist in keiner guten Verfassung.“ „Unser Land verdient eine selbstbewusste Politik, die das Wohlergehen seiner Bürger in den Mittelpunkt stellt und von der Einsicht getragen ist, dass US-amerikanische Interessen sich von unseren Interessen teilweise erheblich unterscheiden.“
Bezugnahmen auf die Situation in anderen Ländern (selbst auf die EU) fehlen und Bezugnahmen darauf, dass es Klassenstrukturen gibt (nicht aber solche auf "oben und unten" oder "reich und arm"), fehlen ebenfalls. Der Satz: „Unser Ziel ist eine Gesellschaft, in der das Gemeinwohl höher steht als egoistische Interessen und in der nicht Trickser und Spieler gewinnen, sondern diejenigen, die sich anstrengen und gute, ehrliche und solide Arbeit leisten,“ könnte ebenso von der CDU stammen wie von der SPD aus dem Zeitalter, wo führende Mitglieder mit der Dachlatte gegen die Gammler vorgehen wollten.
Dagegen fängt der gute alte von dir zitierte Berthold Brecht mit folgenden Sätzen an, die internationalistisch sind: "Anmut sparet nicht noch Mühe Leidenschaft nicht noch Verstand, daß ein gutes Deutschland blühe, wie ein andres gutes Land. 2. Daß die Völker nicht erbleichen, wie vor einer Räuberin, sondern ihre Hände reichen uns wie andern Völkern hin." Gleiche Augenhöhe taucht im BSW-Wahlprogramm erst ziemlich weit hinten auf und von der potenziellen Räuberin Deutschlands steht da gar nichts drin. Dass die deutsche Ökonomie eine kapitalistische ist und nicht die schwächste, darin besteht hoffentlich Konsens?
Achim: Bedeutung Friedensverhandlungen
Hallo Helmuth, danke für deine Stellungnahme, die die Diskussion in diesen wichtigen Fragen gut voranbringen kann. In den meisten Punkten stimme ich überein. Aber in einem Punkt bin ich nicht deiner Meinung: Zwar denke ich auch, dass in Punkto Ukrainekrieg zuerst ein bedingungsloser Waffenstillstand angestrebt werden sollte. Doch unter bestimmten Bedingungen kann es sinnvoll sein, diesem Friedensverhandlungen folgen zu lassen. Global gesehen können eine atomwaffenfreie Welt, Abrüstung und Friedenserhaltung nur durch Abkommen zwischen Staaten geregelt und gesichert werden - und solche Regelungen wären für die Zukunft des Planeten notwendig. Und natürlich würde es die zukünftige Kriegsgefahr mindern, wenn Russland und NATO sich gegenseitig auf militärischen Rückzug, Abrüstung oder Nichtangriffspakte festlegen würden...
Noch etwas zur Art der Diskussion. In den von dir aufgeworfenen Fragen sind wir in Deutschland - was den Ukrainekrieg und die Konfrontation NATO-China angeht - noch am Anfang der Diskussion. Irrtümer, Fehler und gegensätzliche Positionen sind unvermeidlich. Deshalb plädiere ich für einen freundlichen Stil der Auseinandersetzung - abweichende Aussagen sind nicht unbedingt Ausfluss von verderblicher Strategie oder Haltung.
Ich weiß, dass du dich immer dafür eingesetzt hast, dass persönliche Verunglimpfungen unterbleiben. Doch dem BSW schreibst du zu: " Die Position des BSW ist in dieser Hinsicht eine Diktatpolitik, die den möglichen Willen der Menschen ausklammert ... etc." Oder: ".. Denkens des BSW, das sich in den alten Kategorien einer Sozialdemokratie und funktionierender nationaler Blockstrukturen der siebziger Jahre bewegt." Diese abwertenden Zuschreibungen allein aus den zitierten Stellungnahmen abzuleiten, halte ich für unangemessen. Genauso wie deine Stellungnahme würde ich sie erstmal als Diskussionsbeiträge - und nicht mehr - ansehen.
Und die zitierte Position „Unser Land verdient eine selbstbewusste Politik, die das Wohlergehen seiner Bürger in den Mittelpunkt stellt und von der Einsicht getragen ist, dass US-amerikanische Interessen sich von unseren Interessen teilweise erheblich unterscheiden. Unser Ziel ist ein eigenständiges Europa souveräner Demokratien in einer multipolaren Welt und keine neue Blockkonfrontation, in der Europa zwischen den USA und dem sich immer selbstbewusster formierenden neuen Machtblock um China und Russland zerrieben wird." halte ich nicht für nationalistisch. Die drohende Blockkonfrontation schätze ich genauso ein. Und sich für eine von den USA unabhängige Politik einzusetzen, würde der EU in bestimmten Fragen durchaus guttun. Allerdings würde ich dem BSW vorwerfen, in dieser Frage nicht zwischen Interessen des Kapitals und der Bevölkerung zu unterscheiden. So ist das Streben von EU-Staaten nach militärischer Autonomie gegenüber den USA nur ein schädliches. Ebenso z.B. das Streben von EU-Regierungen nach eigenständiger, von USA und China unabhängiger Ressourcenausbeutung z.B. in Afrika. Oder oder - es gilt also, zu differenzieren...
Helmuth: Bedeutung von Friedensverhandlung
Mein Vorwurf an das BSW ist, dass Wagenknechts Vorstellungen und Vorschläge komplett durch nationalstaatliche Bezugsnahmen geprägt sind. Diese werden als gegeben und fixiert betrachtet und sind der Baustein, aus dem Friedensverhandlungen bestehen. Der NATO und den USA setzt sie deutsch nationale Interessen entgegen, die sich in einem politisch weniger integrierten Europa souveräner Vaterländer am besten realisieren lassen (jedenfalls soweit es gegen die USA geht). Dies sind nicht meine Bezugspunkte einer linken Debatte um den Ukraine Krieg und du hast ähnliches geschrieben: bei mir sind es Klassenverhältnisse.
Ich kritisiere nicht die Verwendung des Wortes Block, wenn es um die Beschreibung geht. Ich kritisiere sie als Bezugspunkt eines politischen Vorschlags von links.
Ich bin ein wenig skeptisch, ob dieser westliche Block wirklich existiert, wenn auch die letzte NATO Tagung meine Vorhersage eines Zerfall des Blocks in Frage stellt (ich hatte das in dem längeren "nüchternen" Papier zum Ukraine Krieg so vorhergesagt).
Diesen Zerfall vermutete sich aus zwei Gründen: a) aus unterschiedlichen Interessen der Regierungen, b) aufgrund einer fehlenden dauerhaften politischen Hegemonie in den einzelnen Ländern des Westens. Letzteres hast du dann eigentlich auch nicht bestritten. Dieses Phänomen ist ja auch offensichtlich. Politische Hegemonie setzt voraus, dass es zu einem zeitweilig stabilen Kräfteverhältnis größerer Teile der Gesellschaft kommt, die ihre ökonomischen, sozialen und kulturellen Interessen partiell in diesem Kräfteverhältnis repräsentiert sehen und deshalb keine deutlichen Anstrengungen machen, es zu verändern. Wir hatten eine solche Hegemonie über mehrere Jahrzehnte im Fordismus, dann kürzer aber doch mindestens 20 Jahre im Neoliberalismus. Inzwischen wird aber Spanien von einer Minderheitenregierung regiert, in Frankreich ist die Dauerhaftigkeit der Regierung unklar, die Niederlande hat es gerademal geschafft eine Regierung zu bilden, in Italien gibt es ein ziemliches Konglomerat von Parteien, in Deutschland ist keine stabile Parteienkombination in Sichtweite, in mehreren osteuropäischen Ländern wackeln die Verhältnisse und ob es eine stabile Hegemonie in den USA geben wird ist unklar. Und das nicht alles einfach Ergebnis eines rechten politisch-agitatorischen Zauberwerk, denke ich, sondern Ausdruck einer ökonomischen Situation.
Ohne dauerhafte politische Hegemonie ergibt sich analytisch keine dauerhafte Basis für architektonische Regelungen von Sicherheitsstrukturen mehr. Wagenknecht und das BSW gaukeln aber genau so eine Zeit politischer Ruhe und Ordnung als zufällig verloren vor und behauptet, wenn man erstmal die Ampel los ist, dann kann man die wiedergewinnen. Das halte ich für falsch, ist aber Kern des kulturellen und industriellen Konservativismus des BSW. Er springt aus meiner Sicht aus fast jedem Satz des Programms des BSW hervor.
Für unser Konsenspapier zur Beendigung des Ukraine Kriegs spielt diese analytische Differenz keine wesentliche Rolle. Sie kommt aber ins Spiel bei der Frage Friedensverhandlungen oder bedingungsloser Waffenstillstand. Für letzteren als aktuellen Zielpunkt eines Konsenspapiers sprechen zudem die anderen Punkte, die ich in meiner Kritik an Wagenknechts Position auf der Webseite als ersten Punkt aufgezählt habe.
Henning: Redebeitrag Friedensdemo 31.08.2024
Liebe Friedensfreundinnen und Friedensfreunde,
Nie seit Ende des Kalten Krieges war die Kriegsgefahr in Europa so groß. Unser Land soll nach den Worten von Minister Pistorius „kriegstüchtig“ gemacht werden. Über niedersächsische Straßen rollt wieder Kriegsmaterial gen Osten und im niedersächsischen Unterlüß läuft die Panzer- und Munitionsproduktion für das massenhafte Töten auf Hochtouren, während gleichzeitig die Sektkorken der Rheinmetall-Aktionäre knallen. Seit Beginn des Krieges hat sich der Aktienkurs von Rheinmetall von 110 € auf 550 € pro Aktie verfünffacht.
Die direkte militärische Konfrontation zwischen Atommächten wird eine reale Gefahr, wenn hier jetzt auch noch amerikanische Mittelstreckenwaffen als Marschflugkörper und Hyperschallraketen mit kürzesten Vorwarnzeiten stationiert werden. Die sollen angeblich mehr Sicherheit bringen. Was ist aber, wenn Putin – wie angekündigt - eine „symmetrische“ Antwort darauf gibt. Dann sind nicht die USA sondern wir in Mitteleuropa bedroht. Und so eine unsere eigene Sicherheit zutiefst angehende Frage soll nicht einmal im Bundestag debattiert oder entschieden werden? Vorsichtige Kritik kam dazu auch aus dem Regierungslager. SPD-Fraktionsvorsitzender Münzenich hatte darauf hingewiesen, dass die Gefahr einer „unbeabsichtigten militärischen Eskalation dadurch erheblich erhöht“ werde. Kaum hatte er das gesagt, fielen die Leitmedien über ihn her. Außenministerin Baerbock behauptete alles andere als die Stationierung dieser neuen Waffe wäre „nicht nur verantwortungslos, sondern auch naiv.“
Nein. Verantwortungslos ist es, den Weg der Entspannung und friedliche Koexistenz in Europa zu verlassen. Ein neuer Kalter Krieg ist nicht die Lösung. Die damit notwendig verbundene Aufrüstung gefährdet letztlich soziale Rechte und die notwendigen Investitionen für unsere Infrastruktur, auch für den Klimaschutz.
Das betrifft auch die extreme Aufrüstung, wenn man bedenkt, dass ein Kampfjet in einer Stunde mehr klimaschädliche Emissionen verursacht als ein normaler PKW-Fahrer in 17 Jahren. Brennende Tanklager in der Ukraine und in Russland sind die aktuellste Nachricht einer weiter getriebene Eskalationsstufe des Krieges. Wenn die Grünen sich so verdienstvoll für Klimaschutz einsetzen wollen, warum verschließen sie die Augen vor den ungeheuerlichen Klimaschäden, die dieser Krieg auslöst, wenn die tausende zivilen Opfer sie schon nicht zum Nachdenken bewegen?
Seit Beginn des Krieges Russland gegen die Ukraine im Februar 2022 versprechen uns die Regierenden, dass Wirtschaftssanktionen und immer stärker werdenden Waffenlieferungen Russland zwingen würden, sich aus der Ukraine zurückzuziehen. Das hat schon mit den als Wunderwaffe gepriesenen Leopard-Panzer nicht funktioniert jetzt werden immer wieder weit reichende Marschflugkörper und Raketen ins Gespräch gebracht, die bis Moskau fliegen können. Die Strategie Selenskyjs hierzu ist eine drohende Niederlage mit immer weitergehenden Eskalationen abzuwenden und so die NATO auch mit dem Einsatz eigener Verbände direkt in den Krieg hineinzuziehen. Macron hat ja schon den Einsatz sog. „Berater“ empfohlen. Mit „Beratern“ hatte schon der Einsatz von US-Streitkräften im Vietnam-Krieg begonnen. Das Ergebnis ist bekannt.
Es ist wie beim Schachspiel: Ein dummer Spieler macht einen Zug nach vorn und überlegt nicht, was denn wohl der Gegenzug sein könnte. Bei uns sind es dummer Politiker, die nicht erkennen, dass jedes Drehen an der Eskalationsschraube eine Gegen-Eskalation auslöst und damit den Krieg nur verlängert. So wird der Krieg zu einem Stellvertreterkrieg der USA und der NATO gegen Russland, dessen Leidtragende vor allem die Bevölkerung der Ukraine geworden ist und die Risiken , die mit diesem Krieg verbunden sind, liegen bei uns , nicht in den USA. Wir leben mit Russland auf einem Kontinent und dürfen eben nicht übersehen, dass Russland auch Sicherheitsinteressen hat, die man berücksichtigen muss und die NATO-Osterweiterung, die auf gebrochenen Versprechen beruhte, das nicht zu tun, Ängste ausgelöst hat.
Um nicht missverstanden zu werden: Natürlich ist der Krieg Putins gegen die Ukraine ein völkerrechtswidriger Angriffskrieg. Diese Feststellung beantwortet aber nicht die Frage, wie das Töten beendet werden kann. Ein Krieg kann auch unentschieden enden und mit einem Waffenstillstand und Friedensverhandlungen beendet werden. Es kommt jetzt darauf an, nicht den Krieg, sondern den Frieden zu gewinnen.
Völkerrechtswidrige Angriffskriege gibt es ja nun nicht zum ersten mal. Ohne UNO-Mandat hatte die NATO 1999 Jugoslawien angegriffen. Ohne UNO-Mandat haben die USA Irak - wegen angeblicher Massenvernichtungswaffen, die später niemand gefunden hatte - angegriffen, ebenso Libyen, um einen Regime-Change zu erzwingen. Und ohne Zustimmung der dortigen Regierung halten die USA in Syrien Ölquellen besetzt. Ohne UN-Mandat hat die Türkei das nördliche Gebiet von Syrien, Afrin und einen breiten Grenzstreifen im kurdischen Nordteil des Landes erobert. Gab es da ernsthafte Kritik oder gar den Ruf nach Sanktionen?
Die vom „Westen“ propagierte „Regelbasierte Weltordnung“ lässt sich ganz einfach auf eine Formel bringen: Angriffskriege gegen ein fremdes Land ohne UNO-Mandat sind verboten, es sei denn sie werden von den USA oder anderen NATO-Staaten geführt.
Wie lange glauben die Herrschenden denn eigentlich noch, dass wir diese Doppelbödigkeit nicht erkennen? Nein, Mit uns kann man diesen Schwindel nicht machen!
Es wird Zeit, dass Vernunft in die Politik zurückkehrt und das bedeutet zuerst, dass Friedensverhandlungen mit dem ersten Schritt eines sofortigen Waffenstillstands aufgenommen werden.
Selbstverständlich setzt eine Verhandlungslösung Kompromissbereitschaft auf beiden Seiten voraus. Das Problem ist jedoch, dass Selenskyj Verhandlungen mit Russland per Gesetz verboten hat und Verhandlungsvorschläge von Brasilien, Mexico, China, Indonesien und anderen Ländern, darunter auch vom Papst, arrogant zurückgewiesen wurden. Davon müssen wir erst einmal weg.
Der Gedanke, dass ein Waffenstillstand mit politischem Druck durchgesetzt werden muss, lässt sich auf den Krieg im Gaza-Streifen übertragen. Nach dem Beschluss des Weltsicherheitsrates zum sofortigen Waffenstillstand muss jetzt der politische Druck auf Israel mit der Androhung Waffenlieferungen einzustellen, ausgeübt werden, damit das massenhafte Töten der Zivilbevölkerung in Gaza beendet wird.
Der Terrorangriff der Hamas am 03.10.23 ist durch Nichts zu rechtfertigen. Die überwiegende Zahl der Opfer gehörten zur Zivilbevölkerung in den Kibbuzen und auf dem Nova-Festival. Aber die Antwort der israelischen Regierung darauf hat mit der auch im Völkerrecht gültigen Maxime der Verhältnismäßigkeit nichts mehr zu tun. 41.000 Tote in Gaza durch Bomben, Raketen und Panzer, Vertrieben werden immer wieder neu vertrieben und Verhandlungsbemühungen von Ägypten und anderen Staaten, die auch zur Freilassung der Geiseln führen könnten, werden hintertrieben. Stattdessen setzt Israel seine aggressive Siedlungspolitik auch noch im West-Jordanland fort und vertreibt dort die palästinensische Bevölkerung.
Wir müssen raus aus der Kriegslogik und das betrifft alle gegenwärtig geführten Kriege und zu einer internationalen Entspannungspolitik und Zusammenarbeit zurückkehren. Das gebietet auch die Klimakatastrophe. Wenn wir uns einmal klar machen, dass die gegenwärtige Erderwärmung die ganze Erdkugel betrifft, dann ist doch offensichtlich, dass eine Lösung dieser Probleme ohne die beiden bevölkerungsreichsten Länder der Erde und ohne das Land mit der größten Fläche der Erde gar nicht funktionieren kann.
Es gilt deshalb nach wie vor der Satz von Willy Brandt: Frieden ist nicht alles, aber ohne Frieden ist alles nichts. Lasst uns das auch am 3. Oktober in Berlin deutlich machen, wo eine große Friedensdemonstration stattfinden wird.