EU-D_ur reloaded: Eine Kurzanleitung zum Frühjahrs-Sommerprogramm des LiFos

Nach Jahren uneingeschränkter Hegemonie hat der Wahlsieg von Syriza in Griechenland die mächtigsten europäischen Kapitalfraktionen und die mit ihnen kooperierenden Regierungen aufgeschreckt. Die fast selbstverständlich gewordene Diktatur der Lebensverhältnisse in Europa durch die Regierungen seines Nordens, allen voran durch die deutschen Regierung, erscheint das erste Mal bedroht. Dementsprechend fallen die politischen Reaktionen aus, die von den deutschen Zeitungen wie BILD und FAZ verbreitet werden. Tatsächlich steht Syriza durch diese politische Reaktion, die keinerlei soziale und ökonomische Gegenwehr mehr duldet, mit dem Rücken zur Wand: Eine Umsetzung der Wahlversprechen würde das Abschneiden aller internationaler Finanzierungswege bedeuten, d.h. einen Bankrott der meisten Banken und vieler Firmen. Eine Nichtumsetzung der Wahlversprechen würde aber den politischen Prozess in Griechenland umdrehen und damit die Gefahr eines faschistischen Putsches erhöhen. Das LiFo will am 03.05. dieses politische Dilemma der griechischen Linken anhand verschiedener Texte diskutieren.

Griechenland steht, durch die Entscheidung der Mehrheit der Bevölkerung die Verarmungspolitik der Troika nicht mehr zu akzeptieren, vor der Gefahr als Staat zu scheitern, weil es keinen staatlichen Verteilungsspielraum mehr gibt. Damit wäre Griechenland keinesfalls ein Sonderfall. Seit dem Ende des keynesianisch orientiertem Prinzip der nachholenden Entwicklung und dem neoliberalen Diktum gegen jede Form staatlicher Verschuldung fallen mehr und mehr Staaten in einen Zustand des Scheiterns, in dem dann Warlords, Rohstoff- und Drogendealer oder verrückte Religionskrieger sich an Stelle der staatlichen Gewalt setzen. Wenn die Analyse von Bedszent stimmt, die das LiFo am 14.06. diskutieren will, dann wird das Zusammenbrechen der Staaten nicht nur in der Peripherie zunehmen, sondern mittelfristig auch die Zentren der Kapitalakkumulation erreichen.

Zerfallende Staaten bedeuten häufig Bürgerkrieg – sie sind nicht selten auch das Ergebnis einer militärischen Intervention von außen in vorbürgerkriegsähnliche Zustände, die durch die militärische Intervention nur noch an Grausamkeit gewinnen (siehe das Beispiel Libyen und Irak). Das zunehmende Pochen auf eine „aktive Außenpolitik“ lässt an alte Theorien des Zusammenhangs von Militarismus und Imperialismus denken, die das LiFo angesichts eines wehrhaften Bundespräsidenten, der dafür in der Presse auch noch gefeiert wird, am 31.05. neu diskutieren möchte.

Faktisch bleibt die Politik aber von neoliberalen Spardiktaten beherrscht. Diese verhindern jede sinnvolle Reaktion auf das zweite Hauptproblem der aktuellen sozialen und politischen Entwicklung: auf die drohende Klimakatastrophe. Naomi Klein hat die Verbindung zwischen neoliberaler Politik als Reaktion auf die Finanzkrise und ökologischem Rollback nicht nur in Europa analysiert. Sie plädiert für eine Verknüpfung der Kämpfe um Ökologie und um das Soziale. In dieser Verbindung könnte in der Tat die einzige politische Hoffnung der nächsten Jahre zu suchen sein. Am 26.07. werden wir ihr neues Buch „Kapitalismus versus Klima“ diskutieren.

Gelingt dieser politische Durchbruch nicht, so werden Massenentlassungen nicht nur in der Peripherie, sondern auch in den Zentren der Kapitalakkumulation wieder zum Alltag werden. Diese  bedeuten für die Entlassenen ein Trauma, das Krankheit, Suizid, generell deutlich früheren Tod nach sich zieht, wenn es kein enges gesellschaftliches Netz gibt, welches die Entlassenen auffängt. Für Frankreich hat der Psychiater Debout die Zahlen zusammengetragen und einen Gegenentwurf entwickelt, der das Recht auf Arbeit in den Mittelpunkt stellt. Wir wollen am 12.07. über die Zahlen und die damit verbundenen Schicksale informieren, gleichzeitig aber auch über die Forderung nach einem Recht auf Arbeit kritisch diskutieren.

Das Schicksal Griechenlands wird sich, wenn der finanzielle Zusammenbruch nicht früher kommt, zwangsläufig mit dem Schicksal Spaniens vereinen. Dort hat Podemos, eine linke Partei neuen Typs, erheblichen Zulauf gewonnen und wird teilweise schon als stärkste politische Kraft gesehen. Podemos greift auf politische Diskurse und Mobilisierungsansätze aus Südamerika zurück, auf das Prinzip des „guten Lebens“ und die Notwendig eines neuen konstitutionellen Diskurses, der dieses Prinzip in den Mittelpunkt stellt. Den aktuellen Erfolg, aber auch die langfristigen Chancen dieser politischen Strategie wollen wir am 28.06. diskutieren.