“Just another SMS [social(ly) media(ted) subjectivity]?”
Das Linke Forum Oldenburg will im Frühjahr die Dialektik zwischen realen Machtverhältnissen, sozialer Interaktion via Internet und schwindender subjektiver Autonomie als Ausgangspunkt von Gegenmacht durch eine Reihe von Veranstaltungen analysieren. Den Auftakt bildet ein Überblick über die Subjekttheorien der kritischen Gesellschaftstheorien: von der Kritischen Theorie bis zu den Foucaultschen Herrschaftsanalysen. Danach setzen wir uns mit den Analysen der Cypherpunks (z.B. Julian Assange) auseinander, die vor der Bedrohung einer wachsenden gesellschaftlichen Kontrolle durch das Internet warnen, gleichzeitig aber auch seine befreiende Kraft betonen.
In der Tradition der Kritischen Theorie betont Axel Honneth, dass die Freiheit des Individuums auf drei Standbeinen gegründet ist und im Sozialen die gleichberechtigte Anerkennung durch die Mitmenschen voraussetzt. Nach Honneth sollte diese Anerkennung auf der Reziprozität des Handelns von Individuen basieren, praktisch reduziert sich diese aber mehr und mehr auf ein wechselseitiges „Following“ von Webeinträgen.
Das Buch von Alice Marwick berichtet aus ethnologischer Perspektive über die Gruppe der Personen, die Facebook und Twitter zu weltumspannenden Kommunikationsmitteln gemacht haben und zeigt an deren Struktur, wie neoliberale Prinzipien des Brandings der eigenen Subjektivität dabei bewusst und unbewusst zentrale Grundeigenschaften gewesen sind. Nur ein entsprechendes Branding garantiert Anerkennung in der Hierarchie der Social-Media-Nutzer. Hartmut Rosa sieht in der Beschleunigung der spätmodernen - nicht nur in der Wirtschaft wettbewerbsförmig organisierten - Gesellschaften einen kritischen Punkt überschritten, der die Subjekte zwingt, mit atemlosem Hecheln den Vorgaben des Self-Streamings gerecht zu werden, und damit Identitätsbildung zunehmend verunmöglicht. Stefan Meretz wirft dagegen, zurückgreifend auf André Gorz, den Blick auf die utopische Seite des Internets als eine annähernd unendliche Quelle kollektiven Wissens, das in dieser Form nicht mehr privatisierbar sein könnte und damit dem Grundprinzip der kapitalistischen Gesellschaft, der privaten Aneignung von gesellschaftlich verausgabter Arbeitszeit, diametral entgegensteht.
Siehe auch folgenden Link:
Theoretischer Aufriss der Veranstaltungsreihe